Dienstag, 13. März 2012

Tagebuch eines Magiers - Tränen des Himmels (Martin)

Tränen des Himmels
236. Jahr nach Göttlicher Zeitrechnung
21. September
Es regnet schon seit zwei Wochen. Unaufhörlich strömt der feuchte Niederschlag auf die Straße, ein rauschendes Konzert der Melancholie.
Solch ein Wetter stimmt mich immer trübselig und lässt mich an meinen Vorhaben zweifeln.
„Tränen des Himmels“ hatte ein Priester den Regen einmal genannt. Welch ein Unfug. Nichts als Wolken und ferne Sterne befinden sich am Gestirn, oft genug habe ich mit meinen forschen Augen nachgesehen.
Der Regenschirm wird langsam schwer in meiner Hand, doch ich möchte ihn nicht in die andere wechseln, da sonst mein Kutscher dem gnadenlosen Wüten der Natur ausgesetzt wäre.
Ich musste die Wärme meiner recht schmucken Kutsche verlassen und mich vorne hin setzten, da der Kutscher schlecht durch den Regen sah und wir einmal beinahe von der Straße abgekommen wären.
Die konstante Anwendung meiner Magie verschafft mir Kopfschmerzen, ein weiterer Preis den ich für meine lange Reise zahlen muss.
Ganz unbewusst spiele ich mit dem ersten Puzzlestück meines Wegweisers herum, eine kleine Phiole mit einer seltsam bläulichen Flüssigkeit.
Sie war ungewöhnlich einfach zu akquirieren gewesen, ein paar überzeugende Worte und der Siegelring meines Großvaters hatten genügt, damit die Antiquitätenhändlerin mir das Gefäß für einen Spottpreis verkaufte.
„Pass auf, dort vorne rechts liegt ein Baumstamm.“, merkte ich ruhig an, einen verdutzten Blick meines Begleiters erntend.
Der Kutscher hatte kaum ein duzend Worte gewechselt seit diesem schier endlosen Ritt, es waren lediglich ein paar Stunden gewesen bis jetzt und doch scheint es mir wie eine Ewigkeit.
Seufzend rutsche ich etwas auf meinem unbequemen Holzsitz herum und versuche mich etwas zurückzulehnen ohne Nass zu werden.
Tränen des Himmels.
Ich muss bei diesem albernen Ausdruck jedes Mal schmunzeln.

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