Dienstag, 31. Januar 2012

Cocaine Heartbeat - (elmo)

Noch ein kurzes Fragment aus dem alten Jahr:

Cocaine Heartbeat

Ich höre einen dumpfen Schlag, so laut das mein Kopf zu platzen droht, Risse bekommt und dann schlägt mir etwas ins Gesicht, der Geschmack von dampfenden Asphalt im Mund und ein Tropfen Blut läuft mir aus der Nase. Ich wische ihn mir mit dem Handrücken ab und sehe ihn kurz noch rot. Dann schaltet die Ampel auf Grün. Grün! Auf einmal macht alles Sinn. Grün! Wie eine bisher unbekannte Farbe, ganz so als ob mein bisheriges Leben ein Wirrwarr aus Gelb und Rot gewesen ist. Achtung und stehen bleiben. Vorfahrt gewährend lassen und der Mist. Aber die Farbe der Session ist Grün. Gas geben, los-leben. Einfach durchstarten und rücksichtslos nach vorn blicken. Ich fühle wie mich Macht durchströmt. Macht mehr aus mir. Lässt ein wildes Tier frei. Eine ungezähmte Kraft. Energie, endlose Energie durchströmt mich und mein langvergrabener animalischer Grundinstinkt beginnt mein Handeln zu diktieren.  Stehen bleiben wird zur Herausforderung und ist schließlich keine Option mehr. Ich muss hier raus. Alles viel zu klein für mich. Breche aus, heraus aus meiner Haut. Sieh mein Fell! Ich bin Kraft. Im Zick-Zack durch die Welt und alles ist mein Ziel, ich kann alles - gerade jetzt. Mir gehört jetzt alles. Diese meine Welt zieht an mir vorbei, ich fahre durch sie wie ein Blitz so schnell und alles am Rand verzieht sich und verzerrt bleibt es unerkannt und unbemerkt, verschwindet, fast so als ob in meinem Kopf mein Chiasma sagt, nein danke. Aber ich laufe weiter, rase durch mein Reich und keiner kann mich aufhalten. Und im Flug schaue ich an mir herab, mein ganzer Körper trieft Schweiß-gebadet meine Lebensessenz aus jeder Pore, wäscht mich rein und wäscht mich leer. 100% sind schon lang zu wenig, ich gebe alles. Mein Brustkorb hebt sich zeitlos und kalte, rauchige Luft strömt warm und feucht in meinen Körper, meine Nase taub aber in meinem Rachen schreit alles mit Feuer, gib mir mehr. Jetzt spür ich es kommen und meine Ohren versuchen sich aus Furcht zusammenzufalten und sich schützend über meine zitternden Gehörgänge zu legen und meine Hörschnecken versuchen davon zu laufen, aber sie sind einfach zu langsam. Da kommt es jetzt und voll bösartigster Verheißung sehe ich wie aus meinem Innersten, meiner eigenen Gott-losen Abyss die Schallwellen heranrollen und mich überrollen. Meine Trommelfelle reißen schreiend, kreischend schmerzhaft und Blut läuft mir aus den Ohren und noch bevor es auf meine Schultern tropfen kann, bersten Schneckenhäuser in meinem Kopf und die Splitter bohren sich durch mein Gehirn und auch die Risse werden größer. Aber noch bevor ich den Schmerz, den Schmerz, alles nur Schmerz, noch verarbeiten kann, spüre ich wie meine Gefäße krampfen und unter einer vor Furcht unkoordinierten Massenspastik ihren sinnlosen Versuch unternehmen die Druckwelle, die sich aus meiner berstenden Brust hinauf zu meinem Kopf durchschlägt, abzubremsen, abzuschwächen, ihr alle meine wohlgezüchteten Plaques als Steine in den Weg werfen damit sie stolpert, strauchelt und im tosenden Sturz sich selbst auslöscht. Ich  bleibe nicht verschont. Meine Karotiden so dick wie Fahrradschläuche, Autoreifen und letztendlich Traktorreifen platzen in meinen Kopf hinein, Blut schießt nun aus meiner Nase und ihrer neuen Schwachstelle, meine Augen werden tiefrot und gar kein Grün mehr vorhanden. Mein Mund schmeckt warmes Eisen, kochendes Eisen brodelt in meinem Mund. Zu viel Druck in meinem Kopf, vorgeschädigte Hirnhäute zerreißen und legen unter den blutigen Schatten davonfliegender und fliehender Knochensplitter und Haupthaarfetzen meine nutzlose gequirlte Hirnmasse, meine wüst servierte Mousse au cérébral frei. Schwer getroffen schlage ich am Boden auf, man nannte mich Ikarus, kann mich nicht mehr retten, bis mir jemand - mit mehr Kraft als ich je war - den Mund aufreißt und mir eine kleine blaue Pille hineinwirft, direkt ins Blut wirft und während ich sie noch schmecke, sie alle meine Bruchstücke wieder aufsammelt, sie zurücksortiert und ich feststellen muss, dass ich jetzt sicher weniger bin als die Summe meiner Einzelteile. Zeit kehrt langsam zurück. Langsam, langsam, grausam langsam. Nimmt mich in die Arme und ich kann nun Kind sein und weinen, schluchzen, Tränen strömen über nun ewig anmutende Abstände zu meinem alten Selbst. Ich bleibe farblos trauernd und suche nun bis zum Ende meiner Zeit nach dem wilden Tier, das nie wieder zurückkommt und mich kraftlos zurückgelassen hat. 10.12.11

Montag, 9. Januar 2012

Aufstehen ohne Honig - (elmo)

Ich hasse diese Morgen, an denen du aufstehst und unter die Dusche steigst. Davor hast du es noch geschafft dreckige Unterwäsche in die Waschmaschine zu stopfen, weil du sonst am nächsten Tag nichts Frisches mehr hast, und du fühlst dich heroisch und bist stolz auf dich. Dann kommst du aus der Dusche und alles fühlt sich scheiße an und du setzt die Brille lieber erst wieder auf, wenn kein Spiegel mehr da ist. Du willst die Bettdecke aufschütteln und im Akt merkst du, dass da noch eine rote Schüssel steht mit angetrockneten Resten von irgendwas, was du Essen genannt hast oder es zumindest versucht hast. Du stoppst aber es ist zu spät, sie zerbricht. Zum Glück auf dem kurzen Ende des Bettes in der Ecke da, wo noch der Fernseher steht, den du nie benützt, und du denkst, Da muss ich heute eh nicht mehr hin, das kann so liegen bleiben. In der Küche machst du dann dir zwei Vollkorntoast und entscheidest dich für die Feigenmarmelade aus Italien und die Bratapfelmarmelade, die du zu vorletztem Weihnachten bekommen hast, und du merkst, dass es draußen nur regnet, weder Sommer ist noch wirklich Winter und so nebeneinander schmeckt das irgendwie alles scheiße. Es passt einfach nicht. Du greifst nach der alten Wasserflasche und trinkst abgestandenes Wasser ohne dich zu fragen, zum wievielten Mal sie schon aufgefüllt worden ist und wie viel Verwesung du gerade in dich reinschüttest nur um dich ein bisschen frisch zu fühlen, am Leben zu fühlen. Du denkst, Fuck, Honig wäre besser gewesen.