Freitag, 14. Dezember 2012

Donnersbergerbrücke, werktags, nachts (elmo)



Donnersbergerbrücke, werktags, nachts

Ich steh‘ hier über dem Narbengelände
Halte fest auch an kaltem Stahl
Frage nach Innen, ob ich noch fände
Wonach ich suche ohne Wahl

Zerklüftet schreit der Horizont
Blau und weiß und rot
Alles, was sich des Tages sonnt
Endlich ruht wie tot

Die Nacht, die hält die Gleise kalt
Und ich steig' herab mit kaltem Lachen
Nun bleibt mir nur noch der Asphalt
So ist's für die, die in München wachen

14.12.12

Samstag, 8. Dezember 2012

Duschpoetenprobleme (elmo)



Duschpoetenprobleme

Im Winter bin ich Duschpoet
So wie er halt im Buche steht
Es ist der Kontrast
Der mich zum Denken bringt
Unwirklich fast
Die Temperatur tief sinkt
Dass ich mich fühle
Wie im Mutterbauch
Fern der Kühle
Liegt was ich brauch‘
Doch draußen neben der Badewann‘
Steh‘ ich zitternd, föhnend dann
Und wie weggeblasen all die Reime
Was ich meine: Ich brauch ein Whiteboard in der Dusche


3.12.12

Montag, 24. September 2012

Der Baustellen Hitler (The_Chronicle_of_Hektor)



"Auf einer wahren Geschichte beruhend."

Ach, der schöne Tag sich sanft erhebt,
Die Maus ihn zum ersten mal erlebt,
So ruhig und faul die Stelle dort steht,
Worüber langsam still der Mensch hingeht.

Ein Wunder pur, aus Zement und Stein,
Mit dem Pfosten stark im Boden fein,
Idyllisch steht es da im Morgen klar,
Sie mitten drinn am arbeiten, wie wahr.

Doch von Fern das Rumoren beginnt,
Die dunklen Wolken ziehn dort hin,
Wie ein mächtger Sturm es sich dort ballt,
Und Schlag auf Schlag von dort es schallt.

Die Vögel fliehen Meilenweit,
Die Menschen ängstlicht stehn zu zweit,
Trifft die Stell mit voller Wucht,
Hier, von jeder Mann verflucht.

Ja, dass ist ER, der Baustellen Hitler.

Mittwoch, 4. Juli 2012

Konkrete Medizin (elmo)

Haut Haut Haut Haut Haut Haut Haut Haut Haut Haut Haut Haut Haut Haut Haut Haut Haut Haut 
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Danke an Jan Brandt für den Gedankenanstoß

Dienstag, 29. Mai 2012

Die Unwucht in mir (elmo)


Für die Einzige

Die Unwucht in mir

Wie bist du eigentlich hier her gekommen? Ich bin der Meinung, dass ich die nie hierher eingeladen habe. So fremdkörpergleich spüre ich dich in mir. Wenn ich Hüpfe spüre ich, dass mein Gewicht nicht stimmt, und auf einem Bein kann ich kaum noch das Gleichgewicht halten. Du bist die Unwucht in mir. Und doch - bist du nicht vollkommen unbekannt. Es fühlt sich an, als ob du schon lange hier wärest, vielleicht sogar, als ob du auf mich gewartet hättest. Du scheinst ewig, du hier in meinem Innersten bevor es existierte. Wie kann das sein? Hast du dich ganz langsam an mich herangepirscht, mit jedem meiner Wimpernschläge einen Hauch näher heran an mich - in mich. Etwa so zart und unschuldig, dass ich dich von jeder Schuld freisprechen möchte? Bis du dann mich von innen erfüllst und antreibst, nun jede Handlung diktierst. Aber ich unterstelle dir ein heimtückisches Momentum, so wird es für mich greifbarer, doch die Frage bleibt: Wie kann das sein?
Verzeih mir diese Frage, aber antworte mir. Von deinem Mantel der Unsichtbarkeit entblößt, erschrickst du mich. Mein Körper erzittert unter dieser Erkenntnis, während mein Herz erstarrt. Wieso ist mein eigenes Herz mir so fremd - der vertraute Puls in meinen Arterien, ich vermisse ihn.  Du bist nicht nur ein Eindringling, du bist auch ein Dieb. Du hast mir meinen angeborenen Rhythmus gestohlen und durch etwas ersetzt, was mich weniger frei atmen lässt. Sitzt du da auf meinem Herzen? Hältst du meine Lungenflügel so fest umklammert? Oder nährst du dich - in mir - von mir? Verbrauchst du etwa all jenen kostbaren Sauerstoff den ich mühsam in mich hineinsauge? Hör auf damit!
Niemand hat dir die Erlaubnis gegeben - ich habe dir die Erlaubnis nicht gegeben! Lass es oder zeige dich wenigstens. Du kennst mich wohl gut, aber du bleibst unerkannt. Ich weiß, dass du da drin steckst, also zeige dich. Lass mich an meinem Selbstverlust, dem Raubbau an mir selbst teilhaben, lass mich, wenn auch kraftlos, wenn auch machtlos, wenigstens zusehen. Ich will  mich von mir verabschieden. Los, komm hervor aus meiner Körperhöhle. Ich sehe dich da im Schatten meiner Rippen umherhuschen.
Aber du scheinst nicht unruhig oder wirklich überrascht über meine neue Aufmerksamkeit, du hast wohl auf diese Konfrontation gewartet. Wie gut bist du nun vorbereitet? Wie hast du deine Verteidigung strukturiert? So unvermittelt, wie mich das alles traf, diese Erkenntnis, diese Offenbarung, ein Shift in meinem Selbst-Bewusstsein, meiner eigenen Wahrnehmung , werde ich kaum eine Chance haben zu gewinnen. Was wird denn von mir übrigbleiben? Ich entscheide mich für eine aggressive Variante, Ich greife überraschend tief in mich selbst hinein und trotz aller Schmerzen ziehe ich dich aus meinem Dunkelsten hervor, aus dieser Caverne, die du da bewohnst. Ob du sie geschaffen hast oder du dich nur eingenistet hast in einen Ort, der unbekannt, aber wohl nötig war, der Teil jener leichten Unschuld ist, mit der wir geboren werden. Nah an meinem Herzen mit direktem Zugang zu eben dieser Pumpe.  Du hast dort tuberkulosegleich gewartet. Wann wolltest du durchbrechen, ausbrechen um alles zu beherrschen? Erst wenn ich schwach bin, in einem Moment in dem ich Schutz suchen würde - auch in mir, wo du dann gewartet hättest. Doch mit meiner raschen Handlung hast du nicht gerechnet. Du blickst mich überrascht an, entwurzelt und unsicher. Doch auch ich ohne feste Erwartung sehe dich überrascht an.
Man sieht, dass du lange im Schatten fern der Sonne warst. Doch du wirkst nicht bleich und abgemagert. Nein, du bist nur weiß, hell, schon fast strahlend. Dein Haar so lang und blond, einem Himmelswesen gleich. Auch deine dünne Gestalt ist zart und in der Tat unschuldig. Wer bist du? Du bist schön.
Doch du siehst mich nur an - ganz ruhig und schweigst. Ich weiß nun, dass du nur für mich existierst. Ich danke dir! Während ich mich nicht traue zu zwinkern um dir keine Fluchtmöglichkeit zu bieten und meine Augen beginnen auszutrocknen, durchfährt mich ein heftiger Schmerz. Mein Körper schreit nach dir, es ist der Entzug von dir, der mich mit Leiden straft. Unter Tränen und Krämpfen, aber mit klarem Verstand - so klar wie noch nie - bitte ich dich unterwürfig, denn ich weiß in meinen schmerzverzerrten Windungen und Wendungen um mich selbst, es ist kein Leben mehr ohne dich mehr möglich:
Bleib in meinem Innersten, bleibe meine Unwucht!

7.5.12

Sonntag, 20. Mai 2012

Meskel Square mit geschlossenen Augen (elmo)

Danke Sophie Massieu für diese Einblicke.


Meskel Square mit geschlossenen Augen

Hörst du diese Schritte nicht?
Tausend, Tausend wie Lieder sich
Rhythmen teilen
Weil alle eilen
Ihr Herzschlag singend, nie monoton
Lachend Väter mit ihrem Sohn

Riechst du diese Strapazen nicht?
Ihr rinnender Schweiß niemals bricht
Ihr laufendes Beten
Ihr ewiges Treten
Für eine Zukunft und bessere Zeit
Gegen die Herkunft mit salzigem Leid

Fühlst du diesen Willen nicht?
Auf diesen Sand leg dein Gesicht
Gefurcht so tief
Weil jeder lief
Durch diese Rinnen ein Leben lang
Ohne das je ein Start erklang

22.4.12

Dienstag, 24. April 2012

Ein wenig Sentimental (The_Chronicle_of_Hektor)


Ruhig stand er da. Sein Herz hörte langsam auf wie wahnsinnig zu rasen. Eine Filmreife Kurzschlussreaktion, dachte er. Aber wieso hörte sie auch nicht auf zu reden? Mehrmals hatte er sie darum gebeten jetzt endlich still zu sein. Sie musste ja weiter machen. Das Blut tropfte noch von seiner Hand auf das Birkenparkett. Er zog sich aus und schmiss seine Kleider, welche mit Blutspritzern getränkt waren, in den Ofen. Während sich die Flammen durch den Stoff fraßen, wurde ihm sein Problem bewusst. Was mit der Leiche tun? Nackt setzte er sich in seinen Sessel und betrachtete den Kadaver. Wie eine Leiche verschwinden lassen? In den Fluss werfen oder vergraben kam nicht in Frage, dacht er. Solche Täter werden immer gefasst. Verbrennen? Viel zu auffällig. Er musste sie eher Häppchenweise loswerden.

Genau! Zerkleinern und dann irgendwie die Stückchen loswerden. Er holte den Werkzeugkasten und fing an die Leiche zu zerkleinern. Die verschieden große Stückchen packte er in Plastiksäcke und warf diese in die Kühltruhe. Denn den Verwesungsgeruch bekommt man sehr schwer wieder aus den Möbeln, hatte er einmal gelesen. Nachdem er den Boden und sämtliche Utensilien noch gesäubert hatte ging er schlafen. Er hatte viel vor für den nächsten Tag.

Früh stand er auf und fuhr mit dem Auto zu drei verschiedenen Zoohandlungen. Er kaufte sich drei große Terrarien und die drei größten Boa Constrictors die er finden konnte. Kaum waren die Terrarien mit allem Zubehör aufgebaut holte er schon den ersten Sack. Sobald die Teile im Sack auf Körpertemperatur aufgewärmt waren, fing er an diese zu verfüttern. Mit der Futterzange den Schlangen ein lebendes Beutetier vorgaukelnd, brachte er die Tiere dazu sich begierig auf das Fleisch zu stürzen. Bald waren der Großteil der kleineren Glieder und Teilchen verschlungen. Nur die Stücke mit den dickeren Knochen machten ihm Sorgen. Er verstaute die Reste wieder in der Kühltruhe.

Die Koffer waren fertig mit all ihren Wertsachen und Ausweisen gepackt. Er setzte sich in ihr Auto und fuhr mehrere Stunden Richtung Osten. Als er weit nach der Grenze in der Stadt ankam, parkte er das Auto etwas Ausserhalb des Stadtkerns in einer Nebenstraße. Der Rest wird sich von selbst erledigen, dachte er, als er den Wagen offen und mit steckendem Schlüssel Richtung Bahnhof verließ.
Zuhause fuhr er gleich mit seinem Auto los um sich einen Backenbrecher und eine Kugelmühle auszuleihen. Wieder zuhause nahm er die großen Stücke und schabte das restliche Fleisch ab, bis fast nur noch die Knochen übrig blieben. Das Fleisch und die restlichen Organe verfütterte er wieder an die Schlangen. Die Knochen warf er zum zerkleinern in den Brecher und mahlte sie in der Mühle zu einer fein körnigen Masse. Diese formte er, in einem großen Kochtopf mit heißem Wasser und der Zugabe von Honig zu einem Teig artigen Batzen. Welcher dann zu vielen kleinen Kügelchen weiterverarbeitet wurde.

Am nächsten Tag ging er in den Zoo. Es war ein schöner Tag und viele Familien waren unterwegs. Der Zoo wurde von vielen kleinen Flüsschen durchzogen, in denen eine Menge Fische schwammen. Jedes mal wenn er anfing diese zu füttern und die Tiere zu hunderten um das dargebotene Futter kämpften, sah er ein kleines Kind welches mit Neide erfüllten Blicke seine Tüte beäugte. Stets ging er hin und gab den Kindern die kleinen Tüten. Freudestrahlend sprangen sie umher und verteilten großzügig den Inhalt ihres Geschenks. Selbst die Eltern bedankten sich meist überschwänglich.
In den nächsten Tagen fuhr er die Boas, in ihren frisch gesäuberten Terrarien, zu ihren neuen Besitzern. Diese hatten sich auf folgende Annonce gemeldet: „Boa Constrictor mit großen Terrarium und Zubehör entgeldfrei aus Platzmangel abzugeben.“

Er saß in seinem Stuhl und betrachtete ein wenige Sentimental eine Schneekugel. In der Kugel befand sich ein großes Schloss mit Türmen. In der Mitte besaß es eine halbrunde Kuppel. Aus dem Burgtor blitzte der Teil eines Ringes hervor.

Donnerstag, 19. April 2012

Wer sind wir (elmo)


Wer sind wir, dass
wir wünschten,
nicht so wie ihr zu
sein, obwohl ihr -
gerade im Beginn -
sozusagen zweisame Antriebs-
kraft gewesen seid, und
auch ihr nur euch
und uns so im
weggestanden seid, dass
wir -
mit starrem Blick - nur
Wiederstand haben
leisten können. Ihr habt uns beim zeigen aller
möglichen Ausläufer
unser selbst eben
das eine genommen, wonach
wir heimlich zu
streben versuchten
und auch nun nicht
davon lassen
können. Jetzt wünschten
wir euch
hätte es nie
gegeben, obwohl ja ihr
uns zu dem
geformt habt, was
euch in den Wahnsinn
treibt, obwohl wir ganz
manchmal einfach
nur nach einer
Umarmung
streben oder zumindest
darauf hoffen.

13.3.12

Samstag, 7. April 2012

Endspurt (elmo)

Oh, das ist ganz wunderbar. Der erste Post in einem fremden Blog:
 http://www.synapse-redaktion.de/2012/04/endspurt/
Ganz bald - irgendwann im Mai - dann auch in der gedruckten Version der Synapse zu lesen!

Und hier zur Vollständigkeit auch noch mal:

Endspurt
„Endspurt“ lese ich und denke, fuck, das kann doch nicht so schwer sein. Endspurt kann viel sein und Peter Murphy dröhnt aus den Laptopboxen, Up in arms/Up and tight/Memory go/A backwards sight, und ich trinke einen Schluck Wasser aus der zu oft befüllten Adelholzner-Flasche, wenigstens passt die Aufschrift „still“ noch.
Also Endspurt – klingt nicht nach einem besonders guten Wort, aber klingt vertraut. Endspurt ist eher etwas Negatives, denke ich, ja, etwas grundsätzlich Negatives, alles geben im letzten Moment, Scheiße Mensch, warum gibst du erst jetzt alles? In Anbetracht der Lage überdenkst du erneut deine Leistungsbereitschaft und zeigst etwas mehr von deinem wahren Ich. Lebst du sonst auch nur 60%, pokerst du auch so – manche würden sagen, ohne Eier, Junge – und erst am Ende, wenn du geschlagen bist, dann gehst du all-in, sozusagen dein all-out, dein verzweifelter Versuch das Steuer rumzureißen und 100% zu leisten. Ich glaube, wenn du es erst dann versuchst, schaffst du es erst recht nicht mehr. Übernimm dich nicht, Kind.
Oh man, so geht das nicht, die Leute wollen unterhalten werden. Vor ein paar Minuten sagten Trent und Peter, So we changed the mood, und vielleicht haben sie ja Recht und dann später Joy Division, Don’t turn away in silence. Das war eben kein schönes Vorspiel, es war hart und roh, sozusagen literarische ultraviolence. Das ist gut, Themawechsel ausgeschlossen, aber das Setting ändern. Also weniger negativ, weniger denken. Ich ändere die Musik zu „ our good ol‘ friend Ludwig van“ – ganz nach ultraviolence – und gehe in die Küche. Ich bin allein in der WG, sehr gut, ich gehe zurück in mein Zimmer und stecke die richtigen Boxen in den Laptop und drehe auf. Zurück in der Küche, der dreckigen Küche mit dieser verkackten Fritteuse, die nur Frittenbuden-Flair in die Luft wirft, schaue ich mich um. Ah fuck, das wird auch nicht besser hier, das sind auch keine 100%. Danke Spiegel. Gegen den falschen Spiegel kann man allerdings was tun. Ich nehme mir ein Whisky-Glas und gehe in mein Zimmer zurück, die Musik bleibt laut, vielleicht hindert sie mich am negativen Denken, am Denken überhaupt. Red Label kommt ins Glas, dazu brackiges Wasser, das geht sich so aus.
Neuer Versuch, Endspurt ist gut. Mantra-artig bis dann endlich, Spurt klingt wie Sport, beides läuft auf Rennen hinaus, haha. Ich war nie besonders gut in Sport, außer dass ich ein passabler Handballspieler war und ein mittelprächtiger Sprinter, aber das passt ja auch irgendwie zusammen. Sprinten ist immer Endspurt, alles geben von Anfang an, doch im Vergleich zu dem Endspurt kurz vor dem lang ersehnten Ziel, wenn deine Muskeln schreiend brennend reißen drohen, ist der Sprint kontrolliert. Kontrolle ist besser, besser als gewagtes Ausbrechen. Obwohl das ja irgendwie alles-geben widerspricht. Alles-geben im Sinne von alles riskieren, auch wenn man vielleicht stürzt. Das wäre natürlich schlecht.
Schlecht ist auch, dass es das dritte Glas ist, das soeben leer gegangen ist. Ich schenke nach, weniger Wasser.
In Endspurt steckt auch Ende, Ende so wie aus und vorbei und Ende wie Ende Neu. Ludwig spielt auch nicht mehr, aus und vorbei. In der Stille sitze ich und trinke noch einen weiteren Schluck und denke nach und lausche vergangenem Nachhall. Memory go. Wann ist es wirklich still? Scheiß Endspurt, denke ich, negative Dinge denke ich. A backwards sight. Still war es als Frau M. starb. Ich habe sie gehasst, aber ihr Tod war ein Erfolg für sie und ich habe mich gefreut. Ich war nicht allein. Es gibt den Endspurt auch in die andere Richtung, am nächsten Tag wären ihr unendlich Anstrengungen zuteil geworden. Verlegung auf Intensiv um 9 Uhr morgens, aber sie ist in die andere Richtung gelaufen, ist uns in der Nacht entwischt. Hat sie gut gemacht, haben wir gesagt. Ich habe den rauschenden Sauerstoff ausgemacht und ihr die Plastikmaske vom Kopf gezogen, die Gummischnüre haben tiefe dunkelrote Täler in tote Haut gepresst, dann habe ich ihre Augen geschlossen. Wir waren zufrieden. Wir haben ihr die paragelaufene Nadel gezogen und den Urinkatheter entfernt. Wir haben sie sauber gemacht und sie dann mit einem frischen Laken bedeckt. Der Kopf blieb frei. Wir haben gelächelt. Es war eine gute Nacht. Im frostigen Morgengrauen standen wir zu zweit im Rauch einer Zigarette auf der Dachterrasse und es hat ein Stückchen weniger gefroren. Dies war eine gute Nacht, die Nacht ist vorbei und wir alle sind einmal der versuchten Vergewaltigung entkommen. Wir werden nicht mehr seelisch ausgebeutet. Sie ist uns entkommen und irgendwann hoffe ich auf das gleiche. Auf einen letzten Endspurt treffen wir uns dann an meinem Krankenbett in der Onko oder steht ihr neben meinem zerschellten Autowrack. Wenn ja, dann feuert mich bitte an, auf dass ich schneller laufe, als die weißen Kittel und blauen Kittel sich mit mir um die Wette drehen können.
Endspurt ist also nicht grundsätzlich schlecht, aber auch sicher nichts Fröhliches. Ich denke zurück an den Schulsport und frage mich, Seit wann sind wir nicht mehr rein und unschuldig, Was ist passiert, dass wir mit dem Tod lachen können? Oder ist das gut so und gewollt? Wer hat wen bei unseren täglichen Endspurten zurückgelassen, als er rücksichtslos nach vorne geprescht ist? Egal. Ich habe Mitleid verloren. Zu oft haben sie Raubbau an meiner Grundsubstanz betrieben, tagelang und nächtelang, diese Menschen, diese vegetierenden Noch-nicht-Sterbenden, die sich nicht trauen ihren letzten Weg zu sprinten, die nur an uns zehren, uns konsumieren. Egal.
In der Flasche ist noch zwei Finger breit dunkles Gold und setzte sie an. Endspurt, dann weiterleben. Einfach so.

Sonntag, 25. März 2012

Dich nehme ich mit (elmo)


Dich nehme ich mit

Ich schrei‘, aber meine Stimme schweigt,
und auf euren Gesichtern sich zeigt,
dass ihr hier einfach nichts versteht.
Ihr seht mich nur sitzen und stehen,
aber achtet doch nie auf das Flehen
um Aufmerksamkeit, mein innerstes Beben,
was in mir tickt - eine Bombe, mein Leben
ich schenk es wieder dir, will es an dich heften
mit Kleber aus getrockneten Körpersäften,
die entstanden in Zeiten, wo noch wir
uns liebten, meine Gezeiten nur nach dir
sich hievten - was sie auch noch heute
tun, nur dir entgegen als Meute
aus Erinnerung, von dem Schönen gehäutet,
bis friedvoll dann uns die Todesglocke läutet.

22.3.12