Sonntag, 4. März 2012

Liebe Esther, Danke... - (elmo)

Dear Esther ist eine ganz wunderbare Sache und inspierierte mich dazu:


Liebe Esther, Danke...

Vor kurzem hörte und las ich die wohl schönsten Worte meines Lebens.

The sea, they said, is too rough for the turbines to stand: They clearly never came here to experience the becalming for themselves.  Personally, I would have supported it; turbines would be a fitting contemporary refuge for a hermit: The revolution and the permanence.

Ich las sie wieder und wieder und fing an zu weinen. Dort wollte ich hin. Ein Rückzugsgebiet,  auf offener See. Ganz allein. Ohne euch. Da könnte ich dann ausharren und überdauern. Der Gedanke, sich in ein Kloster zurückzuziehen, hatte nie so richtig gepasst. Gottlos fühlte ich mich und keine kalten Steinmauern können ihn mir zurückgeben. Ich will dorthin, wo die Wellen Mantra-artig gegen Stahl, der in die tiefsten Tiefen reicht und von dort reglos aufsteigt, schlagen und endlos wie Gebetsmühlen Töne erzeugen, die für mich Gebet genug sind. Dort in rauer Unwirklichkeit würde ich  nicht mehr brauchen. Zeitlos würde ich dort stehen. Mein Herz schlägt jetzt nicht mehr, es dreht sich im Wind, es ist nass von der kalten See. Ich möchte dort draußen sein, wo nicht mal Möwen fliegen. Ich möchte dort ohne Handschuhe stehen, meine Hände der kalten und nassen Luft ausgesetzt, der schroffen Umgebung, lieblos. Aber es würde meinen Händen nichts ausmachen, stoisch würde ich ausharren, während mir Wind beißend ins Gesicht bläst. Zeitlos wäre ich unsterblich. Ich würde das Rauchen anfangen und Tabak und Glut würden sich nie von Nässe behindern lassen und Rauch würde aus meinem Mund kommen, wie normale Ausatemluft, und würde sich nicht mal richtig verteilen, sondern einfach davon gezogen werden und weggeschoben werden von den unbeschreibbaren Luftbewegungen. Ganz allein könnte ich da stehen und würde nur Salz in der Luft riechen. Die Sonne könnte unter- und aufgehen und ich würde es kaum merken, ich könnte mich an der Glut vor meinem Mund wärmen, könnte die Wärme durch eben diesen in mich hineinziehen und mich erfüllen lassen. Und vielleicht würde ich nach Jahrzehnten des Ausharrens und des Wartens das Husten anfangen und es würde geronnenes Blut hochkommen, das ich mir in die Hand spucken kann, das ich mir an meinem salzigen, gefütterten und knielangem Regen-Parker abwischen kann. Ich würde dort stehend sterben und es wäre gut so. Ihr könntet nicht werten, weil ihr es nicht sehen würdet, weil ihr es nicht verstehen würdet. Ich würde ziellos meine linke Hand an dem rostigen Stahl ruhen lassen, unter meinen groben Fingern taub fühlen können, wie alles Schicht um Schicht vergeht und doch beständig bei mir bleibt, und Rostsplitter könnten mir in die Handfläche schneiden, so dass warmes Blut tropft und sich rot mit rot-braun mischt und auf grau bleibt, so wie ich. Ja, es würde länger dort bleiben, als ich, bis es dann auch im Wind, im wehenden Sturm unter nassem Regen wie eine alte Haut abgestoßen wird und von jenen Lüften davon getragen wird, auf dass es sich in der Unendlichkeit der See verliert, und all die Wellen, die so beständig gegen die Grundfeste schlagen, stärker und wütender und schwächer, aber nie sanft, sondern kraftvoll hätten sie es dann doch endlich in sich aufgenommen. Dort könnte ich lachen und niemand würde es hören, weil die Windräder so laut quietschen und der Sturm doch alles übertönt, weil niemand sonst da ist, und ich könnte weinen und niemand würde es sehen, weil mein Gesicht immer nass wäre von den Regentropfen, den unmessbaren Strömen aus dunklen Wolken, die über mir hängen, dort verweilen und auf mich warten ohne Unheil zu verheißen, weil niemand sonst da ist. Ich müsste nicht trinken, denn alles ist feucht und überall ist Wasser.  Ich müsste nicht essen, da Wasserspritzer von dort unten mich mit all den Salzen versorgen, die ich benötige, und ich hätte nie Hunger, ich würde einfach weitermachen und eine neue Zigarette anzünden oder, wenn ich mich doch alt oder älter und auch unendlich alt fühle, zu einer Pfeife greifen, weil sie mir noch mehr Halt bietet. Dort könnte ich leben, dort könnte ich denken und, wenn alle Gedanken gedacht wären, dann müsste ich nicht mehr denken und es wäre richtig so und vielleicht würde dann sogar Gott kommen und ich wäre trotzdem allein und wir wären einverstanden damit, weil wir uns verstehen, ebenbürtig in die Augen sehen können, weil wir über den gleichen unermüdlichen Wellen stehen, die uns nie erreichen und es doch versuchen, und wir würden uns zunicken, weil wir gar nichts mehr versuchen müssen, wir haben alles erreicht und Frieden gefunden. Dann könnte ich auch auf meine Vergangenheit zurückblicken und mich endlich freuen und ohne davon zehren zu müssen wäre alles schon in Ordnung, was war ganz ohne Reue, weil es nötig war um hierher zu kommen, an diesen perfekten Ort, an dem ich einfach stehen kann. Die Erkenntnis, dass nichts wirklich je Revolution war, sondern genau hierhin führte, würde mich nähren und in Zufriedenheit könnte ich ausgeglichen Zug um Zug dort atmen, echte Luft und ihr könntet sie mir nicht stehlen und verpesten und miesmachen mit euren schlechten Ideen und euren noch schlechteren Umsetzungen, euren Einschränkungen und Verrenkungen, eurem falschen Lebensmut, weil ihr einfach nichts versteht. Ich wäre euch los. Ungehindert. Frei. Mein Bart würde wachsen, würde wuchern und ich wäre trotzdem nicht verwahrlost, weil es keine Wertung mehr gibt, und die Haare wären lang und dunkel und auch grau und würden im Wind schwer von Regen wie Schlangen in die Luft schlagen, aber nicht ängstlich oder aggressiv, sondern im ruhigen, ewigen Bewegungen und ganz natürlich, wie die Wellen, die da stahlgrau und dunkelblau zu meinen Füßen sind, die alles sind was ich in der Ferne sehe, nur unterbrochen durch weitere, aber unbewohnte, unbethronte Windräder, die unermüdlich unerschöpflichen Strom produzieren ohne, dass ihn hier jemand braucht. Wenn dort hier wäre, könnte ich in gelassener Klarheit existieren ohne Zugzwang, ich wäre glücklich und zufrieden, ein Zustand den ich sonst wohl nie erreichen werde.
3.3.12

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