Liebe Esther, Danke...
Vor kurzem hörte und las ich die wohl schönsten Worte meines Lebens.
The sea,
they said, is too rough for the turbines to stand: They clearly never came here
to experience the becalming for themselves.
Personally, I would have supported it; turbines would be a fitting
contemporary refuge for a hermit: The revolution and the permanence.
Ich las sie wieder und wieder und fing an zu weinen. Dort
wollte ich hin. Ein Rückzugsgebiet, auf
offener See. Ganz allein. Ohne euch. Da könnte ich dann ausharren und
überdauern. Der Gedanke, sich in ein Kloster zurückzuziehen, hatte nie so
richtig gepasst. Gottlos fühlte ich mich und keine kalten Steinmauern können
ihn mir zurückgeben. Ich will dorthin, wo die Wellen Mantra-artig gegen Stahl,
der in die tiefsten Tiefen reicht und von dort reglos aufsteigt, schlagen und
endlos wie Gebetsmühlen Töne erzeugen, die für mich Gebet genug sind. Dort in
rauer Unwirklichkeit würde ich nicht
mehr brauchen. Zeitlos würde ich dort stehen. Mein Herz schlägt jetzt nicht mehr,
es dreht sich im Wind, es ist nass von der kalten See. Ich möchte dort draußen
sein, wo nicht mal Möwen fliegen. Ich möchte dort ohne Handschuhe stehen, meine
Hände der kalten und nassen Luft ausgesetzt, der schroffen Umgebung, lieblos.
Aber es würde meinen Händen nichts ausmachen, stoisch würde ich ausharren,
während mir Wind beißend ins Gesicht bläst. Zeitlos wäre ich unsterblich. Ich
würde das Rauchen anfangen und Tabak und Glut würden sich nie von Nässe
behindern lassen und Rauch würde aus meinem Mund kommen, wie normale
Ausatemluft, und würde sich nicht mal richtig verteilen, sondern einfach davon
gezogen werden und weggeschoben werden von den unbeschreibbaren Luftbewegungen.
Ganz allein könnte ich da stehen und würde nur Salz in der Luft riechen. Die
Sonne könnte unter- und aufgehen und ich würde es kaum merken, ich könnte mich
an der Glut vor meinem Mund wärmen, könnte die Wärme durch eben diesen in mich
hineinziehen und mich erfüllen lassen. Und vielleicht würde ich nach Jahrzehnten des
Ausharrens und des Wartens das Husten anfangen und es würde geronnenes Blut
hochkommen, das ich mir in die Hand spucken kann, das ich mir an meinem
salzigen, gefütterten und knielangem Regen-Parker abwischen kann. Ich würde
dort stehend sterben und es wäre gut so. Ihr könntet nicht werten, weil ihr es
nicht sehen würdet, weil ihr es nicht verstehen würdet. Ich würde ziellos
meine linke Hand an dem rostigen Stahl ruhen lassen, unter meinen groben
Fingern taub fühlen können, wie alles Schicht um Schicht vergeht und doch beständig
bei mir bleibt, und Rostsplitter könnten mir in die Handfläche schneiden, so
dass warmes Blut tropft und sich rot mit rot-braun mischt und auf grau bleibt,
so wie ich. Ja, es würde länger dort bleiben, als ich, bis es dann auch im
Wind, im wehenden Sturm unter nassem Regen wie eine alte Haut abgestoßen wird
und von jenen Lüften davon getragen wird, auf dass es sich in der Unendlichkeit
der See verliert, und all die Wellen, die so beständig gegen die Grundfeste
schlagen, stärker und wütender und schwächer, aber nie sanft, sondern kraftvoll
hätten sie es dann doch endlich in sich aufgenommen. Dort könnte ich lachen und
niemand würde es hören, weil die Windräder so laut quietschen und der Sturm
doch alles übertönt, weil niemand sonst da ist, und ich könnte weinen und
niemand würde es sehen, weil mein Gesicht immer nass wäre von den Regentropfen,
den unmessbaren Strömen aus dunklen Wolken, die über mir hängen, dort verweilen
und auf mich warten ohne Unheil zu verheißen, weil niemand sonst da ist. Ich
müsste nicht trinken, denn alles ist feucht und überall ist Wasser. Ich müsste nicht essen, da Wasserspritzer von
dort unten mich mit all den Salzen versorgen, die ich benötige, und ich hätte
nie Hunger, ich würde einfach weitermachen und eine neue Zigarette anzünden
oder, wenn ich mich doch alt oder älter und auch unendlich alt fühle, zu einer
Pfeife greifen, weil sie mir noch mehr Halt bietet. Dort könnte ich leben, dort
könnte ich denken und, wenn alle Gedanken gedacht wären, dann müsste ich nicht
mehr denken und es wäre richtig so und vielleicht würde dann sogar Gott kommen
und ich wäre trotzdem allein und wir wären einverstanden damit, weil wir uns
verstehen, ebenbürtig in die Augen sehen können, weil wir über den gleichen
unermüdlichen Wellen stehen, die uns nie erreichen und es doch versuchen, und
wir würden uns zunicken, weil wir gar nichts mehr versuchen müssen, wir haben
alles erreicht und Frieden gefunden. Dann könnte ich auch auf meine
Vergangenheit zurückblicken und mich endlich freuen und ohne davon zehren zu
müssen wäre alles schon in Ordnung, was war ganz ohne Reue, weil es nötig war
um hierher zu kommen, an diesen perfekten Ort, an dem ich einfach stehen kann.
Die Erkenntnis, dass nichts wirklich je Revolution war, sondern genau hierhin
führte, würde mich nähren und in Zufriedenheit könnte ich ausgeglichen Zug um
Zug dort atmen, echte Luft und ihr könntet sie mir nicht stehlen und verpesten
und miesmachen mit euren schlechten Ideen und euren noch schlechteren
Umsetzungen, euren Einschränkungen und Verrenkungen, eurem falschen Lebensmut,
weil ihr einfach nichts versteht. Ich wäre euch los. Ungehindert. Frei. Mein
Bart würde wachsen, würde wuchern und ich wäre trotzdem nicht verwahrlost, weil
es keine Wertung mehr gibt, und die Haare wären lang und dunkel und auch grau
und würden im Wind schwer von Regen wie Schlangen in die Luft schlagen, aber
nicht ängstlich oder aggressiv, sondern im ruhigen, ewigen Bewegungen und ganz
natürlich, wie die Wellen, die da stahlgrau und dunkelblau zu meinen Füßen
sind, die alles sind was ich in der Ferne sehe, nur unterbrochen durch weitere,
aber unbewohnte, unbethronte Windräder, die unermüdlich unerschöpflichen Strom
produzieren ohne, dass ihn hier jemand braucht. Wenn dort hier wäre, könnte ich
in gelassener Klarheit existieren ohne Zugzwang, ich wäre glücklich und
zufrieden, ein Zustand den ich sonst wohl nie erreichen werde.
3.3.12
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